Mittwoch, 25. März 2009

"Killerspiele"

Da stehen sie wieder unter heftigem Beschuß. Unsere lieben "Killerspiele". Eine höchst populistische Wortschöpfung, die längst schon Unwort des Jahres sein sollte.
Erstmals kam dieser Begriff 1993 im Zusammenhang mit Paintball und Laserdrome-Einrichtungen in die Medien. Bis dato war er nicht eindeutig auf Computer oder Videospiele gemünzt, obwohl es zu dem Zeitpunkt mehr als genug Ego-Shooter gab.

Doch was sind diese vermeintlichen "Gesellschaftszersetzer" überhaupt und welche Computer und Videospiele sind gemeint?

Laut Wikipedia sind sie so definiert:

"Killerspiel ist eine im deutschen Sprachraum verbreitete negativ Bezeichnung für gewalthaltige Spiele. Es werden damit in erster Linie Computerspiele bezeichnet, die das Ausüben von Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen beinhalten. Des weiteren werden reale Spiele damit bezeichnet, die dafür geeignet sind, die Menschenwürde der Mitspieler herabzusetzen. Eine juristische Definition besteht nicht. Der Begriff wird vorwiegend in der politischen Diskussion über Gewalt in den Medien und in der damit verbundenen Debatte über ein mögliches Verbot der damit bezeichneten Spiele verwendet."

Auf der einen Seite bieten sie Spaß und Entspannung für Millionen von Erwachsenen, während sie von wenigen Anderen für den sozialen Untergang des Abendlandes verantwortlich gemacht werden.
Der mitunter eigentlich wichtigste Aspekt ist die nicht juristische Definition die für diese Spiel herrscht. Da sie Altersauflagen besitzen sollten sie eigentlich auch nur in die Hände der Zielgruppe gelangen.

Aber warum sind die CoDs, Gears of Wars, Battlefields oder Counterstrikes dieser Welt "gefährlicher" als Horrorvideos oder "Real Life" - Clips aus dem Internet?
Die Interaktivität der Spiele, also das steuern der Figur und das "töten" der Feinde, ist im Gegensatz zum bloßen Ansehen gewißer Videos wohl weitaus gefährlicher für das Köpfchen des ohnehin schon mehrfach gebeutelten Soziopaths. Man wird durch die immer gleiche Spielmechanik darauf konditioniert den Gegner so schnell wie möglich auszuschalten...selbst das virtuelle Leben wird verteidigt nach dem Schema: "Lieber der als Ich."

Natürlich sind die wenigsten Videospiele gänzlich gewaltfrei. Irgendwo wird immer auf Schildkröten gehüpft oder andersweitig das Erreichen des nächsten Levels an die Beseitigung von Gegnern geknüpft.

Wir sprechen hier von Medien die ganz normal vom Gesetzgeber legitimiert an Erwachsene verkauft werden dürfen. Ein Verbot dieser geprüften Medien käme einer Zensur gleich und wäre ein Armutszeugnis für den Staat. Ob jetzt eine große Kaufhaus-Kette alle ihre +18-Spiele aus dem Sortiment genommen hat oder ein großes E-Sports-Event abgesagt wurde...irgendwann kehrt alles wieder in den Normalzustand, dem Zustand vor Winnenden zurück.

Denn an den vermeintlichen "Killerspielen" hängen Milliarden von Euros, nicht umsonst setzt die Videospielbranche mehr Geld als die Kinobrache um...

written by Hirschchen

Donnerstag, 12. März 2009

Winnenden

Gestern fand in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) an der Albertville-Schule ein beispielloser Amoklauf statt. Der 17-jährige Tim K erschoß 15 Menschen und richtete sich nach einer Flucht in einen Nachbarort selbst.
Das Leid der Angehörigen der Opfer, der Polizei, der Schüler muss schier unermesslich sein.
Wie kann es sein das junge Menschen mit ihrem Leben abschließen, ja mehr noch, sich entscheiden soviele Mitmenschen wie möglich mit in den Tod zunehmen?
Eines ist klar, wir kommen nicht als Amokläufer oder Soziopathen auf die Welt. Der Weg dorthin ist geplastert mit jahrelanger Ablehnung, sozialer Isolation, Zerstörung des Selbstvertrauens, Schulmobbing.
Schaut man sich das Leben des Amokschützen an, sieht man das er aus einem guten Elternhaus kommt, er sich für Sport interessierte und diesen auch ausübte, seinen Schulabschluß ganz normal gemacht hatte.
Im nachhinein wird er als sehr ruhig und in sich gekehrt beschrieben. Jemand der gerne mit sich allein war und nicht jede Party mitmachte. Dieses Profil passt natürlich auf abertausende junge Männer in unserem Land. Welche Umstände machten also aus Tim K. den Amokschützen und vielleicht die wichtigste Frage: Wer hat daran schuld?
Die Schuldfrage kann wohl nicht ganz geklärt werden. Natürlich hat Tim K. abgedrückt, aber das wieso wird momentan ausführlich in Augenschein genommen.

Schulmobbing scheint in den letzten Jahren extremst zugenommen zuhaben. Auch die Intensität und die Gewalt, psyschich sowie physisch, muss derweil Dimensionen angenommen haben wie ich sie aus meiner Schulzeit nicht kenne. Ich bin jetzt 30 und damals wurde man halt gemobbt wenn man als letzter ins Völkerball-Team gewählt wurde.
Heutzutage reicht eventuell schon die falsche Schuhmarke, der falsche MP3-Player oder ein "billiges" Klamottenlabel um Ziel des Schulmobbings zu werden.
Dort wird man dann jahrelang auf hohem Niveau getriezt und fertig gemacht. Gerade in der Pubertät kann dieses katastrophale Auswirkungen auf den Betroffenen haben. In dieser Zeit des Erwachsenwerdens, in der man ja auch sein Selbstvertrauen aufbaut und man in hohem Maße darauf bedacht ist wie das Erscheinugsbild nach aussen hin transportiert wird, ist Mobbing schon fast gleichzusetzen mit einer Folter.
Selbst Lehrer die eigentlich dafür sorgen müssten das dieses Mobbing nicht stattfindet leiden ebenso darunter oder werden sogar gezielt selbst gemobbt.

Nun muss man auch die die Erziehung der Eltern in Augenschein nehmen. Haben sie sich nicht genug um ihren Sohn gekümmert, hätten sie nicht sehen müssen das dort etwas nicht stimmt?
Der Vater war begeisterter Schütze und nannte über ein Dutzend Waffen sein eigen. Jedoch waren diese wohl immer gut und vorschriftsmäßig gesichert. Bis auf die eine Beretta die dazu auserkoren wurde den blutigen Amoklauf durchzuführen. Kann man dem Vater dadurch einen Strick drehen? Ohne diese Waffe hätte es doch auch keinen Amoklauf gegeben...
Nein, ich denke nicht. Der Vater war sich durchaus bewußt was er da in seinem Haus lagerte. Natürlich war er sensibilisiert für seine Waffen und wusste das er sie verschlossen lagern musste.
Auch ist es absurd zu denken das Tim K. sich nicht zweifelsohne auf anderen Wegen eine Waffe hätte besorgen können, zumal er selber eine Begeisterung für das Schießen empfand und auch dementsprechende Beziehungen hatte. Der Vater besaß zudem jede Legitimation für seine Waffen.

Auch kamen natürlich wieder die bösen "Killerspiele" oder auch Horror-Filme hoch, scheinen aber derzeit nicht von den Medien besonders aufgegriffen zuwerden.
Ich habe mich erst ein bissel schäbig gefühlt...wisst ihr ihr, da sterben 16 Menschen und mein erster Gedanke war: " Jetzt geht die Hetzjagd weiter!" Geschämt hab ich mich, als der Gedanke mein Hirn verließ.
Dort ist soviel unermessliches menschliches Leid geschehen und ich mach mir sorgen ob ich noch meine Ego-Shooter weiterspielen kann.
Doch der Mensch pickt sich aus einem Puzzle von Leid immer das heraus womit er sich identifizieren kann und zudem er auch ein Stück weit diskutieren kann. Ich brauche mich also nicht schäbig zu fühlen weil ich dieses Grauen an der Stelle packe die für mich persönlich relevant ist. Zudem ich micht damit auseinandersetzen kann, sei es auch nur in einem Faden eines Smalltalk-Forums.
Es macht diesen Amoklauf greifbarer, nicht verständlicher...

Zudem glaube ich auch an die eigene Verantwortlichkeit des Individuums...verdammt, Tim K. hätte doch wissen müssen das man auch egal wieviel man erleidet nicht eiskalt 15 Menschen ermorden darf.
Er muss also auch ein Stück weit geistig krank gewesen sein.

Für mich persönlich ist neben den Toten und dem ganzen Leid was momentan herrscht eine Frage noch viel grausamer als der gesamte Amoklauf...

Wie kann es sein das ein 17-jähriger im Jahre 2009 in Deutschland schon so dermaßen fertig mit der Welt ist, das er auf selbige scheisst und noch möglichst viel Leid anrichtet?

Ich denke wenn wir diese Frage beantworten können ist uns schon geholfen.

Und die Antwort dieser Frage ist nicht allein an Politiker, Lehrer, Eltern oder wer immer sich mit Heranwachsenden beschäftigt gerichtet.
Wir alle müssen dabei helfen,...denn zusammen sind wir stark und bilden das Umfeld indem wir leben. Auch wenn das heißt das Kevin aus der Klasse eigentlich ne Tracht Prügel verdient hätte, weil er derbe hässlich ist und Brillenträger.

In aufrichtiger Trauer um die Toten von Winnenden